Das öffentliche Preisrecht als Instrument des Auftraggebers

von Prof. Dr. Andreas Hoffjan

Zuweilen gelingt es der öffentlichen Hand nur unzureichend, ihren fiskalischen Zielen auch durch eine kostengünstige Beschaffung zu entsprechen. Insbesondere unvorhergesehene Ereignisse wie etwa der jüngste Zustrom einer immens hohen Zahl von Flüchtlingen führen zu einem Marktversagen. Eigentlich stellt der Gesetzgeber mit dem öffentlichen Preisrecht ein wirkungsvolles Instrumentarium zur Wahrung des allgemeinen Preisstands bereit, das aber gerade in Kommunen viel zu selten problemorientiert Einsatz findet. Der vorliegende Beitrag spricht daher Empfehlungen aus, wie die öffentlichen Auftraggeber die VO PR Nr. 30/53 sowie die ihr zugehörigen Leitsätze zur Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten künftig bei der öffentlichen Beschaffung sinnvoll nutzen können.

I. Wissensdefizite beim öffentlichen Auftraggeber

Der Staat als öffentlicher Auftraggeber hat mit jährlich etwa 350 Milliarden Euro an Investitionen einen bedeutenden Anteil an der Wirtschaftsleistung Deutschlands1. Bei der Auftragsvergabe ist der in Art. 114 Abs. 2 Satz 1 GG, § 6 HGrG und § 7 BHO gesetzlich normierte Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten. Zuweilen müssen öffentliche Auftraggeber jedoch auf einem besonders engen und auch preislich überhitzten Anbietermarkt beschaffen. Dies hat nicht zuletzt auf dramatische Weise die Flüchtlingskrise veranschaulicht. Viele Städte und Gemeinden sind infolge der besonderen Eilbedürftigkeit zu einer freihändigen Vergabe, zum Beispiel bei der Lieferung von Containern, übergegangen. Zugleich bestand am Markt eine allgemeine Mangellage gem. § 5 (1) 2 VO PR 30/53. Die Folge: Überteuerte Preise für die Flüchtlingsunterbringung.

Was aber können die Kommunen zur Abwehr überhöhter Preise tun? Ein bewährtes Instrument ist das öffentliche Preisrecht. Der deutsche Städte- und Gemeindebund hatte seine Mitglieder schon im Herbst 2015 darauf hingewiesen, dass man die sogenannte VO PR Nr. 30/53 anwenden könne. Aktuell im Februar 2017 fordert der Bund der Steuerzahler, Preisprüfer bei städtischen Verträgen mit Flüchtlingsheim-Betreibern einzusetzen. Schon die Väter des Grundgesetzes haben die Möglichkeit eines Eingriffs in die Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen mit der Verordnung zu Preisen bei öffentlichen Aufträgen  (VO PR Nr. 30/53) geschaffen2. Das vorrangige Ziel der Verordnung ist es, auch bei öffentlichen Beschaffungen eine marktwirtschaftliche Preisbildung zu ermöglichen. Ist dies aufgrund von Wettbewerbsbeschränkungen nicht möglich, kann auf konkrete Kalkulationsleitsätze – nämlich die Leitsätze zur Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP) – zurückgegriffen werden3.

Aus der Analyse des Beschaffungsprozesses öffentlicher Auftraggeber geht hervor, dass die VO PR 30/53 zwar standardmäßig in den Verträgen bzw. AGBs benannt wird, empirische Studien zeigen jedoch, dass das öffentliche Preisrecht infolge der geringen Kenntnisse einiger öffentlicher Auftraggeber oftmals nicht beim Beschaffungsprozess angewendet wird4. Nur selten existiert eine zentrale Stelle für die Einhaltung und Umsetzung der Verordnung. Selbst in Fällen, in denen die VO PR 30/53 Beachtung seitens öffentlicher Auftraggeber findet, wird dahingehende Fachkompetenz ausschließlich den Preisprüfern zugesprochen5. Dabei besitzt die VO PR 30/53 bei konsequenter Beachtung ein beachtliches Potential zur Kostensenkung in der Beschaffung. Dies setzt allerdings eine Ausweitung der Preisprüfungen und einen Ausbau der Fachkompetenzen zur VO PR 30/53 bei öffentlichen Auftraggebern voraus. Letzteres möchte dieser Beitrag leisten, indem er zunächst die Grundzüge der Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen vorstellt und dann zentrale Aspekte hervorhebt, die der öffentliche Auftraggeber beim Preisrecht beachten sollte. Dabei beziehen sich viele Anregungen auf die Anwendung der Kalkulationsleitsätze für Selbstkostenpreise und haben daher einen ausgeprägt betriebswirtschaftlichen Charakter.

II. Generelles zur Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen

Neben dem Vergaberecht – welches vornehmlich die Art und Weise der Vergabe öffentlicher Aufträge regelt – existiert mit dem öffentlichen Preisrecht ein selbständiger wirtschaftsrechtlicher Rahmen, welcher in die grundsätzlich freie Preisbildung zwischen Anbieter und Nachfrager eingreift6. Die VO PR 30/53 ist mit Ausnahme von Bauaufträgen für sämtliche öffentliche Vergaben verpflichtend anzuwenden. Gestützt auf § 2 PreisG enthält die VO PR 30/53 Vorgaben zur Ermittlung des höchstzulässigen Preises, den ein privater Auftragnehmer von einem öffentlichen Auftraggeber für eine Leistung fordern kann7. Nach § 2 Abs. 1 VO PR 30/53  gelten der Bund, die Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie sonstige juristische Personen des öffentlichen Rechts als öffentliche Auftraggeber – Privatrechtsgesellschaften in öffentlicher Trägerschaft werden demnach nicht erfasst8. Grundgedanke der Verordnung ist die marktwirtschaftliche Preisbildung unter Wettbewerbsbedingungen, welche beide Vertragspartner vor der potentiellen Marktmacht des jeweils anderen schützen soll9. Dieser Gedanke konkretisiert sich im Grundsatz des Marktpreisvorrangs. Für den Fall, dass ein funktionierender Markt existiert, soll das Preisrecht nach § 4 VO PR 30/53  den privaten Auftragnehmer daran hindern, höhere Preise verlangen zu dürfen als die, die er auf dem freien Markt erzielt. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass der öffentliche Auftraggeber dem privaten Auftragnehmer keine Preise vorschreiben kann, sondern sich an den im Wirtschaftsverkehr üblichen Marktpreis bindet. Der öffentliche Auftraggeber wird dadurch mit anderen Nachfragern gleichgesetzt.

Ist der öffentliche Auftraggeber aber zum Beispiel der einzige Nachfrager einer Leistung, so besteht gewöhnlich kein funktionierender Markt im Sinne der Verordnung10. Sofern kein Marktpreis im Sinne des § 4 VO PR 30/53  existiert, dürfen ausnahmsweise Selbstkostenpreise vereinbart werden. Das Preisrecht versteht die Selbstkostenpreise als Kompromiss zwischen den Interessen des öffentlichen Auftraggebers und des Auftragnehmers. Letzterer hat in diesem Fall die Möglichkeit, die ihm entstehenden Kosten zuzüglich eines Gewinnzuschlags gegenüber dem Auftraggeber geltend zu machen11. Bei Vertragsabschluss müssen dabei jedoch nach § 1 Abs. 2 VO PR 30/53  möglichst feste Preise vereinbart werden.

Die Kontrolle der in den Einflussbereich des öffentlichen Preisrechts fallenden Verträge obliegt nach § 9 Abs. 1 VO PR 30/53 den Preisüberwachungsbehörden. Durchgesetzt wird die Verordnung durch das Instrument der Preisprüfung. Die Preisprüfer sind den Wirtschaftsministerien der Länder oder den Bezirksregierungen zugeordnet und werden zumeist auf Verlangen des Auftraggebers tätig12. Auftragnehmer sind bereits mit der Abgabe eines Angebots für einen öffentlichen Auftrag gegenüber den Preisprüfern nachweis-, auskunfts- und prüfungsduldungspflichtig13. Der erste Prüfungsakt einer Preisprüfung ist die Feststellung des vorliegenden Preistyps. Dies ist notwendig, da bei einem Vertrag mit dem öffentlichen Auftraggeber alle Preise unter Vorbehalt einer Prüfung vereinbart werden. Ob ein Marktpreis oder ein Selbstkostenpreis vorliegt, kann nur im Zeitpunkt der Prüfung festgestellt werden14. Die Feststellung des Preistyps gibt dann den weiteren Verlauf der Prüfung vor: Bei Marktpreisen wird die Marktgängigkeit der Leistung sowie die Verkehrsüblichkeit des Preises anhand von Verkaufsbelegen nachgewiesen. Bei Selbstkostenpreisen wird die Kostenkalkulation des Preises und somit die korrekte Anwendung der LSP anhand von internen, vom Unternehmen vorzulegenden Kostenbelegen geprüft14. Das Ergebnis einer Preisprüfung ist ein Prüfbericht, welcher an den Auftragnehmer und -geber versandt wird. Dieser Prüfbericht stellt keinen Verwaltungsakt, sondern ein Gutachten dar, kann jedoch ein Indiz für Erstattungsforderungen an den Auftraggeber durch den Auftragnehmer oder auch Geldbußen sein16.

III. Grundregeln für den öffentlichen Auftraggeber

Für Auftraggeber stellt sich in der Praxis die Frage, wie sie das Instrument des Preisrechts in den Dienst des öffentlichen Einkaufs stellen können. Dabei dürften für den Auftraggeber sicherlich die kostengünstige Beschaffung sowie die Planungs- und Kostensicherheit im Vordergrund stehen. Nachfolgend sollen aus Sicht der öffentlichen Hand wichtige preisrechtliche Aspekte zusammengestellt werden, die zur Vermeidung überhöhter Preise beim Einkauf zu beachten sind. Dabei beziehen sich die Ansätze auf die drei Bereiche (1) Strategie und Organisation preisrechtlicher Belange, (2) Gewinnermittlung und -begrenzung sowie (3) Kostenkalkulation.

1. Strategie und Organisation

Der Bereich Strategie und Organisation berührt zum einen grundlegende Entscheidungen des  Auftraggebers sowie die Integration des Preisrechts in die bestehenden Strukturen und Abläufe. Im Einzelnen sind

  • das Preisrecht in den Beschaffungsprozess einzuordnen,
  • die Vorrausetzungen der Preistypen zu beachten,
  • eine Preisprüfungsstrategie zu entwickeln sowie
  •  die Unterauftragnehmer einzubeziehen.

Preisrecht in Beschaffungsprozess einordnen

Dem öffentlichen Auftraggeber ist häufig die Einordnung der VO PR 30/53 in den Beschaffungsprozess nicht klar. Als undurchsichtig erscheint vor allem die Würdigung der Verordnung neben den als prominenter angesehenen Vergaberichtlinien. Preis- und Vergaberecht stellen dabei trotz der Verknüpfung grundsätzlich eigenständige Rechtsvorschriften dar, deren Abstimmung aufeinander als mangelhaft gilt17. Während das Vergaberecht das Verfahren für die Auswahl der Vertragspartner bestimmt und materielle Kriterien für die verschiedenen, im Prozess der Angebotsauswahl zu treffenden Auswahlentscheidungen festlegt18, widmet sich das Preisrecht der Zulässigkeit der Höhe des Preises eines öffentlichen Auftrags19. Innerhalb des Beschaffungsprozesses äußern sich diese Unklarheiten in Form von Unsicherheit über die Frage, an welcher Stelle des Prozesses die VO PR 30/53 in welcher Form einfließen soll. In der Konsequenz führt dies dazu, dass die VO PR 30/53 zwar in den Verträgen benannt wird, sie jedoch oftmals keine weitere Beachtung findet. Daher ist eine klare Verankerung des Preisrechts im Prozessablauf der öffentlichen Beschaffung vorzusehen20. Zunächst spielt die dem öffentlichen Auftrag zugrundeliegende Vergabeart eine wesentliche Rolle. Sie ist für die Vereinbarung eines Preistyps relevant, und zwar als Indiz für das Vorliegen von Markt- oder Selbstkostenpreisen. Preisrechtlich ist die Vereinbarung eines vorläufigen Preistyps zwischen öffentlichem Auftraggeber und Auftragnehmer vorgesehen. Die Feststellung des Preistyps nimmt eine Schlüsselstelle für den prozessualen Ablauf der Abwicklung öffentlicher Aufträge gemäß VO PR 30/53 ein21. Hierdurch werden selbst uninformierte Auftragnehmer auf das Preisrecht hingewiesen und somit preisrechtliche Unsicherheiten reduziert. In der Vergabepraxis unterbleibt jedoch häufig aus Unkenntnis die Vereinbarung eines Preistyps. Die mit der öffentlichen Beschaffung betrauten Mitarbeiter sind über die Relevanz des Preisrechts und die Möglichkeiten einer späteren Einschaltung der Preisüberwachungsstelle in Kenntnis zu setzen. Dies wird umso eher funktionieren, wenn beim Auftraggeber ein grundlegendes Know-how zum Preisrecht aufgebaut werden konnte und die Fachkompetenz nicht allein bei den Preisprüfern gesehen wird.

Vorrausetzungen der Preistypen beachten

Die Empfehlung, für einen öffentlichen Auftrag einen vorläufigen Preistyp zu vereinbaren, wir zuweilen als Freibrief mißinterpretiert. Vielmehr müssen auch die konkreten Voraussetzungen für den jeweiligen Preistyp vorliegen. So ist der Marktpreis kumulativ an die beiden Voraussetzungen Marktgängigkeit der Leistung und Verkehrsüblichkeit der Preise geknüpft. Die Marktgängigkeit der zu beschaffenden Leistung setzt voraus, dass diese allgemein im wirtschaftlichen Verkehr gehandelt wird, für sie also ein – allgemeiner oder besonderer – Markt besteht22. Die Marktgängigkeit fehlt also vor allem dann, wenn der öffentliche Auftraggeber tatsächlich keine Wahl zwischen verschiedenen Anbietern hat23. Bei dem im Verkehr üblichen Preis handelt es sich um denjenigen Preis, der für die betreffende Leistung bei vergleichbaren Aufträgen auf dem relevanten Markt erzielt wird24. Im Falle einer Ausschreibung sind zwei Varianten denkbar, um einen Preistyp bis spätestens zum Zeitpunkt des Beginns der Leistungserstellung zu vereinbaren25. Erstens: Die Ausschreibung wird zu einem vorformulierten Preistyp durchgeführt. Zweitens kann die Vereinbarung des Preistyps bei einer Ausschreibung zwischen Erteilung des Zuschlags und Beginn der Leistungserstellung erfolgen. In jedem Fall aber legt erst die Preisprüfung, sofern diese erfolgt, den Preistyp final fest. Was vorher vereinbart wurde, hat bestenfalls Hinweischarakter. Wurde für einen öffentlichen Auftrag ein unzulässiger Preistyp vereinbart, führt dies nicht zur Nichtigkeit des Vertrages, es kommt jedoch zu einer Korrektur des Preistyps durch den Preisprüfer26. Dem Auftragnehmer drohen unter Umständen bei einem falschen Preistyp Rückforderungen, vor allem wenn seine interne Dokumentation auf den vorläufigen, nicht aber den finalen Preistyp ausgerichtet ist. Im Interesse einer sicheren Rechtsanwendung sollte auch der öffentliche Auftraggeber an der Vereinbarung eines die jeweiligen Voraussetzungen erfüllenden vorläufigen Preistyps interessiert sein.

Preisprüfungsstrategie entwickeln

Das härteste Schwert des öffentlichen Auftraggebers ist die Initiierung einer Preisprüfung.  Er sollte sich daher gut überlegen, wann die Preisüberwachungsstellen einzuschalten sind. Dabei stehen drei Fragen im Vordergrund: (1) Welche Aufträge sollten geprüft werden? (2) Wann sollte ein Prüfungsersuchen gestellt werden? (3) Wie ist eine mögliche Prüfungsabsicht dem privaten Auftragnehmer zu kommunizieren?

Das Senden eines Prüfauftrags an die Preisüberwachungsstelle empfiehlt sich insbesondere bei folgenden Bedingungen27:

·         Im Falle eines sehr hohen Preisanstiegs,

·         bei einer freihändigen Vergabe,

·         bei sehr individuellen Dienstleistungen auf einem engen Markt,

·         bei schlechten Erfahrungen mit dem Auftragnehmer aus früheren Preisprüfungen,

·         in Fällen eines zu erwartenden hohen Erstattungsanspruchs sowie

·         aus strategischen Überlegungen, zum Beispiel zu Beginn langfristiger Auftragsbeziehungen.

Der Zeitpunkt einer möglichen Prüfung hängt maßgeblich vom Preistyp ab. Während Selbstkostenfestpreise vor Auftragserteilung vorkalkulatorisch geprüft werden sollen, lassen sich Selbstkostenerstattungspreise erst nachkalkulatorisch auf Basis der tatsächlich angefallenen Istkosten prüfen. In beiden Fällen sollte aber zeitnah eine Prüfung angestoßen werden, sprich sobald die Prüfungsvoraussetzungen vorliegen. Bei Marktpreisen und Selbstkostenfestpreisen kann schon vor Beginn der Leistungserstellung eine Preisprüfung vorgenommen werden28. Für den Auftraggeber hat eine zeitnahe Prüfung den Vorteil, dass es erst gar nicht zu einer Überzahlung kommt und somit die Gefahr der Verjährung von Rückforderungsansprüchen verringert werden kann. Allerdings stellt die Preisprüfung nur einen behördeninternen Vorgang dar, so dass der Prüfungsbericht nicht bereits bei Auftragserteilung als zwischen den Vertragsparteien verbindlich anzuerkennen ist29. Vielmehr muss der Auftraggeber seine Rückförderungsansprüche zivilrechtlich durchsetzen.                                                              

Besonders wichtig erscheint die offene Kommunikation einer Prüfungsabsicht gegenüber dem privaten Auftragnehmer. Dazu sollte auf die Anwendung des Preisrechts in der Ausschreibung und im Vertrag hingewiesen werden. Zudem sollten auch die beiden Vertragsparteien einen vorläufigen Preistyp vereinbaren, da selbiger Ablauf und Prüfungsgegenstand der Preisprüfung und somit auch die Dokumentationserfordernisse des privaten Auftragnehmers maßgeblich bestimmt30. Auftragnehmer fordern neben zeitgerechten Preisprüfungen besonders eine frühzeitige Information über gestellte Prüfanträge seitens öffentlicher Auftraggeber31. Insofern sollte im Sinne einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit das vom Auftraggeber gestellte Prüfungsersuchen gleichzeitig dem privaten Auftragnehmer zur Kenntnis gegeben werden.

Unterauftragnehmer einbeziehen

Strategisch sollte dem öffentlichen Auftraggeber auch daran gelegen sein, einen möglichst großen Umfang eines Einzelauftrags in die Preisprüfung einbeziehen zu können. Die PreisVO sieht explizit vor, dass das Prüfrecht vertraglich an Unterauftragnehmer weitergegeben werden kann. Dieses Durchreichen des Preisrechts ist jedoch an zwei Voraussetzungen geknüpft32: (1) Der Hauptauftragnehmer muss vom öffentlichen Auftraggeber verpflichtet werden, das Preisrecht auch auf Unteraufträge anzuwenden. (2) Der Unterauftragnehmer ist davon vor Vertragsabschluss zu informieren. Sofern keine Weitergabe vereinbart ist, bleibt das Preisrecht auf die unmittelbaren Aufträge beschränkt. Die Preisüberwachungsstelle kann demzufolge allein die Kosten beim Hauptauftragnehmer prüfen, nicht jedoch die Kosten seiner Lieferanten. Im Extremfall einer reinen Managementgesellschaft als Auftragnehmer werden allein die Kosten für die Managementleistung geprüft. Über den Weg der Unterauftragnehmer würden somit wesentliche Auftragsanteile einer Prüfung entzogen. Um den Durchgriff des Preisrechts sicherzustellen, sollte der öffentliche Auftraggeber dessen Weitergabe an wertmäßig bedeutende Unteraufträge vertraglich oder mittels zu unterzeichnender Eigenerklärung vorsehen33. Dies erfolgt im Übrigen standardmäßig bei Aufträgen des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) über das so genannte Anlagenblatt K34.

2. Gewinnermittlung und -begrenzung

Die nächste Gruppe der vom öffentlichen Auftraggeber zu beachtenden Aspekte betrifft einzelne Sachverhalte, die die Höhe des dem Auftragnehmer zugestandenen Gewinns maßgeblich beeinflussen. Dabei handelt es sich im Einzelnen um:

·         Obergrenze festschreiben,

·         Regelung über allgemeines Unternehmerwagnis treffen,

·         kalkulatorischen Zinssatz vereinbaren und

·         Leistungsgewinn vereinbaren.

Obergrenze festschreiben

Generell wird dem öffentlichen Auftraggeber eine Präferenz für Selbstkostenpreise nachgesagt. Das Chancen-Risiko-Verhältnis stellt sich bei den einzelnen Typen von Selbstkostenpreisen für Auftragnehmer und -geber recht unterschiedlich dar. Der Selbstkostenfestpreis findet nur bei einem überschaubaren Mengen- und Wertgerüst Anwendung und wird auf Basis vorgelegter Vorkalkulationen fest vereinbart35. Das Risiko nicht auskömmlicher Kalkulationswerte trägt demzufolge der private Auftragnehmer. Allerdings geht dieses Risiko auch mit größeren Gewinnchancen einher, wenn die tatsächlichen Istkosten deutlich unter den Planwerten liegen. Demgegenüber kommt der Selbstkostenerstattungspreis nur hilfsweise bei einem nicht überschaubaren Mengen- und Wertgerüst zum Tragen36. Dem privaten Auftragnehmer werden dann die tatsächlich angefallenen Selbstkosten zuzüglich eines Gewinnzuschlags vergütet. Dieser Preistyp schließt für den Auftraggeber das Risiko einer fehlenden Kostenbegrenzung ein. Immerhin werden aber nur die tatsächlich angefallenen Istkosten unter Beachtung der Grundsätze der wirtschaftlichen Betriebsführung gemäß Nr. 4 (2) LSP und der Angemessenheit der Kosten gemäß § 5 (1) VO PR 30/53 erstattet. Allerdings kann ein Auftraggeber auch bei mangelnder Überschaubarkeit der Kalkulation ähnlich wie beim Selbstkostenfestpreis von einem „Kostendeckel“ profitieren. Dazu ist ein Selbstkostenerstattungspreis mit Obergrenze zu vereinbaren. Mit einer festen Preisobergrenze lassen sich Interpretations- und Beurteilungsspielräume beim Ressourcenverbrauch so eingrenzen, dass die Kostenrisiken minimiert werden37. Sollten die Istkosten die vereinbarte Obergrenze übersteigen, gehen die Mehrkosten allein zu Lasten des Dienstleisters. Damit die Obergrenze eine möglichst große Wirksamkeit für den öffentlichen Auftraggeber entfaltet, sollten nicht einzelne Tatbestände definiert und aus der Obergrenze ausgeklammert werden.

Regelung über allgemeines Unternehmerwagnis treffen

Der Selbstkostenpreis ergibt sich immer aus der Summe von Selbstkosten plus Gewinnzuschlag. Daher müssen sich die beiden Vertragsparteien auf einen konkreten Ansatz für das allgemeine Unternehmerwagnis verständigen. Auch die Preisüberwachungsstelle kann bei fehlender Gewinnvereinbarung nur die Höhe der Selbstkosten feststellen. Der Bundesminister für Wirtschaft hat bisher nicht von seinem Recht Gebrauch gemacht, Richt- oder Höchstsätze für das allgemeine Unternehmerwagnis festzulegen. Auch die LSP selbst enthalten keine Vorgaben zur Bemessung der Gewinnhöhe. Bei Verteidigungsaufträgen gibt die „Bonner Formel“ vor, wie die Gewinnmarge auf Basis der Selbstkosten zu ermitteln ist38. Von dieser Gewinnformel bei Rüstungsaufträgen abgesehen gibt es keinen verbindlichen Standard zur Bestimmung des Gewinnzuschlags. Grundsätzlich möglich sind: ein prozentualer Zuschlag auf das betriebsnotwendige Vermögen, ein Zuschlagssatz auf den Umsatz, eine Kombination der beiden Hundertsätze oder auch die Bestimmung eines festen Satzes. Der feste Satz im Sinne eines vorab bestimmten absoluten Werts soll für den öffentlichen Auftraggeber sicherstellen, dass das „Kostenmachen“ nicht durch einen prozentualen Gewinnaufschlag auf die Kosten begünstigt wird. Die übliche Bemessungsart des allgemeinen Unternehmerwagnis ist ein Hundertsatz vom Umsatz. Eine Orientierung für die Gewinnvereinbarung kann die Gebührenrechtsprechung geben. Gerichtlich durchgängig anerkannt sind 1% bei Selbstkostenerstattungspreisen und 3% bei Selbstkostenfestpreisen. In Einzelfällen werden aber auch Gewinnzuschläge in Höhe von 5% gerichtlich als zulässig eingestuft39. Generell sollte die Höhe des angemessenen Gewinns eng mit dem unternehmerischen Risiko des öffentlichen Auftrags verknüpft sein. Es ist im Interesse des öffentlichen Auftraggebers, über eine vertragliche Gewinnvereinbarung den Selbstkostenpreis zu begrenzen und zugleich solche Kostenbestandteile in die Vereinbarung einzuschließen, die für seinen Lieferanten auch gewinnähnlichen Charakter haben.                                               

Kalkulatorischen Zinssatz vereinbaren                                             

Zu den ansatzfähigen Kosten bei Selbstkostenpreisen gehören auch die kalkulatorischen Zinsen für die Bereitstellung des betriebsnotwendigen Kapitals. Bei der Preisermittlung bleibt der für die Aufnahme von Fremdkapital effektiv gezahlte Zinsaufwand außer Ansatz40. Die tatsächlich angefallenen Zinsen werden nicht berücksichtigt, da die Finanzierungsstruktur keinen Einfluss auf den Selbstkostenpreis haben soll. Nach VO PR 4/72 beträgt der Höchstsatz für die kalkulatorischen Zinsen 6,5% jährlich41. In der gegenwärtigen Niedrigzinsphase erscheint dieser maximal mögliche Zinssatz von 6,5% für kalkulatorische Zinsen überhöht. Wird aber keine Vereinbarung über die Höhe des anzuwendenden Zinssatzes getroffen, ist der private Auftragnehmer berechtigt, für die kalkulatorischen Zinsen den Höchstsatz von 6,5% zu berechnen. Unterhalb des Höchstzinssatzes können die Vertragsparteien jeden Zinssatz vereinbaren. Von diesem Recht sollte der öffentliche Auftraggeber zwingend Gebrauch machen. Insbesondere bei hohem betriebsnotwendigen Kapital generiert der Anbieter sonst einen sehr großen Ergebnisbeitrag aus den kalkulatorischen Zinsen. Für eine Vereinbarung könnten sich die beiden Vertragsparteien an den von der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Referenzzinssätzen orientieren, die infolge ihrer permanenten Aktualisierung die bestehenden Marktverhältnisse an den Kapitalmärkten deutlich besser widerspiegeln. Aktuell (Februar 2017) beträgt zum Beispiel der für Pensionsrückstellungen genutzte 10-Jahresdurchschnitt der Abzinsungssätze bei einer Restlaufzeit von sieben Jahren 3,27%42.

Leistungsgewinn vereinbaren

Häufig sieht der öffentliche Auftrag die umfassende Bereitstellung von Kapazitäten vor. Dann macht es Sinn, den Auftragnehmer zur Sicherstellung einer höheren Auslastung durch Drittgeschäft zu motivieren. Mit der Generierung von Fremdaufträgen sinken die Durchschnittskosten der Bearbeitung, wovon dann auch der öffentliche Auftrag profitiert. Damit aber ein Anreiz zur wirtschaftlichen Vermarktung besteht, sollte der Auftragnehmer  an den Deckungsbeiträgen aus dem Fremdgeschäft partizipieren. Nr. 51 LSP sieht dafür den Leistungsgewinn vor. Grundsätzlich soll er eine besondere unternehmerische Leistung in wirtschaftlicher, technischer oder organisatorischer Hinsicht honorieren. Gemäß Nr. 52 (2) LSP muss der Leistungsgewinn ausdrücklich vereinbart werden43. Die Anforderungen an die besondere Leistung sind relativ hoch. Ein Leistungsgewinn kann nur in seltenen Fällen vereinbart und darf nicht zur optischen Verbesserung hoher allgemeiner Unternehmerwagnisse verwendet werden44. Zuweilen ist die Abgrenzung problematisch, da die Unternehmen ohnehin zu einer wirtschaftlichen Betriebsführung angehalten sind. Daher ist bei Vertragsabschluss genau zu umschreiben, wo die Sonderleistung beginnt. Dies kann die mittlere Kapazitätsauslastung der Vergangenheit oder vergleichbarer Anlagen sein. Zur Höhe und Bemessung des Leistungsgewinns machen die LSP keine eindeutigen Angaben45. Ebisch/Gottschalk bemessen den Leistungsgewinn bei 0,5-1% der Selbstkosten46, während Möllhoff bei Großprojekten eine Spanne von 1-3% der Selbstkosten angibt47. Im Rahmen üblicher Profit-sharing-Modelle erhält der Zulieferer beim interorganisationalen Kostenmanagement einen Anteil von circa 20-30% der Gesamtersparnis48. Dies entspräche einer Beteiligung von 20-30% an sämtlichen Deckungsbeiträgen, die nach Erreichung des den Leistungsgewinn auslösenden Schwellenwertes erzielt würden.

3. Kostenkalkulation                              

Die dritte Kategorie preisrechtlicher Sachverhalte, deren Beachtung im fiskalischen Interesse des öffentlichen Auftraggebers liegt, betrifft die originäre Kostenkalkulation. Im Einzelnen handelt es sich dabei um:

·         Klarheit über die bestellte Vorhaltekapazität,

·         die Berücksichtigung abzugsfähiger Erträge bei den Selbstkosten,

·         die Absicherung von Festpreisen sowie

·         die Konkretisierung der Pflichten des Auftragnehmers bei Selbstkostenpreisen.

Klarheit über bestellte Vorhaltekapazität

Eine Ursache für Probleme im Zusammenhang mit der VO PR 30/53 sind zuweilen unklare vertragliche Vereinbarungen49. Der Auftraggeber muss fest umreißen, welche Leistungen er wann beziehen will. Dafür dient als Kern der Vergabeunterlagen die Leistungsbeschreibung. Dort stellt der öffentliche Auftraggeber dar, was er benötigt und welche Leistungen ihm anzubieten sind. Unklare Leistungsabgrenzungen liegen preisrechtlich vornehmlich bei langfristigen Verträgen hinsichtlich der bestellten Kapazitäten vor. Bei erheblichen Beschäftigungsrückgängen stellt sich dann die Frage, wem die Leerkosten anzulasten sind. Wenn der Auftraggeber sowohl den Aufbau der Kapazitäten als auch ihre Unterbeschäftigung verursacht hat, hat er auch die entstandenen Kosten zu tragen50. Demgegenüber sind Kosten der Kapazitätserweiterung, die der private Auftragnehmer zur gewinnbringenden Vermarktung im gewerblichen Bereich veranlasst hat, von ihm selbst zu übernehmen. Gerade bei langfristigen Verträgen ist häufig unklar, welche Kapazität ursprünglich vom Auftraggeber bestellt worden ist. Daher sollten die Vorstellungen des öffentlichen Auftraggebers zur vorzuhaltenden Kapazität bei der Auftragserteilung und bei späteren Kapazitätserweiterungen festgehalten werden.

Abzugsfähige Erträge bei Selbstkosten berücksichtigen

Bei der Kalkulation der Selbstkosten sind gemäß Nr. 43 (4) LSP Nebenerträge mindernd zu berücksichtigen. Nebenerträge sind Erträge, die mit dem Betriebszweck, also mit der eigentlichen Leistungserstellung, nicht zusammenhängen51. Sie können entstehen, wenn betriebsnotwendige Vermögensteile zum Beispiel vermietet, verpachtet oder hieraus Zinserträge erzielt werden52. Nebenerträge werden bei der Höhe der kalkulatorischen Zinsen als Gutschrift in Abzug gebracht. Dabei dürfen Erträge nur bis zur Höhe der insgesamt anfallenden kalkulatorischen Zinsen abgesetzt werden, so dass keine „Negativzinsen“ entstehen. Allerdings lässt sich nicht immer klar abgrenzen, was zwingend Bestandteile des betriebsnotwendigen Vermögens sind. Insofern lässt der Begriff Nebenerträge Gestaltungsspielraum zu, was am Beispiel von Beteiligungen illustriert werden soll. Kann der

Auftragnehmer nicht auf bestimmte betriebsnotwendige Vermögenspositionen aus Beteiligungen verzichten, werden die Beteiligungserträge in vollem Umfang als Gutschriften bei den kalkulatorischen Zinsen auf das betriebsnotwendige Kapital behandelt. Dabei werden die Beteiligungserträge nicht nur mit den auf die Beteiligung entfallenden kalkulatorischen Zinsen verrechnet, sondern mit den gesamten kalkulatorischen Zinsen des betriebsnotwendigen Kapitals53. Wenn hohe Nebenerträge zu erwarten sind, könnte ein privater Auftragnehmer die Betriebsnotwendigkeit infrage stellen, um eine für ihn ungünstige Saldierung der Beteiligungserträge mit den kalkulatorischen Zinsen zu vermeiden. Die erhebliche praktische Relevanz der Thematik unterstreicht das Urteil des OVG NRW vom 27.04.2015 – Az. 9 A 2813/12. Demnach sind Gewinne aus Strom- und Fernwärmeverkäufen dem Gebührenzahler gutzuschreiben, wenn eine Stadt an einer Müllverbrennungsanlage als Gesellschafter beteiligt ist. Diese Gewinne sind nur mit Hilfe des betriebsnotwendigen Kapitals erwirtschaftet worden und gelten deshalb als erzielte Nebenerträge.

Festpreise wirklich fest machen

Selbstkostenfestpreise garantieren dem öffentlichen Auftraggeber die Sicherheit über den zu zahlenden Preis. Demgegenüber ist der Selbstkostenrichtpreis ein vorläufiger Preistyp, welcher zwischen dem Selbstkostenfest- und dem Selbstkostenerstattungspreis angesiedelt ist. Bei Vereinbarung eines Selbstkostenrichtpreises liegt die Überschaubarkeit der Kosten als Voraussetzung eines Selbstkostenfestpreises zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe zunächst noch nicht vor. Es wird jedoch erwartet, dass das Wert- und Mengengerüst im Laufe der Leistungserstellung überschaubar wird54. Zentral für Selbstkostenrichtpreise ist der Umwandlungsstichtag. Der Umwandlungsstichtag ist grundsätzlich vor Beendigung der Leistungserstellung und so früh wie möglich zu wählen55. Bis zum Stichtag werden faktisch die tatsächlich angefallenen Kosten erstattet, nur die danach entstehenden Kosten werden vorkalkulatorisch im Sinne von Plankosten berücksichtigt. Bei einer späten Umwandlung liegt faktisch ein Selbstkostenerstattungspreis vor. Daher sollte entweder ein fester Termin vereinbart werden oder dem Auftraggeber das Bestimmungsrecht für die Vorlage der Umwandlungskalkulation eingeräumt werden56.                                                        

Gefahr droht dem Auftraggeber zudem durch die explizit in den LSP vorgesehenen Preisvorbehalte. Sie ermöglichen Preisänderungen, um nicht vorhersagbare preisrelevante Risiken bei Selbstkostenpreisverträgen zu berücksichtigen. Gerade bei langfristigen Verträgen sind zukünftige Preissteigerungen bei Vertragsabschluss nicht absehbar57. Preisvorbehalte müssen zusätzlich vertraglich vereinbart werden. Eine „Preisgleitklausel“ erlaubt, Preise über einen Zeitraum von drei bis maximal fünf Jahren in Anlehnung an objektive Kriterien fortzuschreiben58. Aus Perspektive des öffentlichen Auftraggebers sollten Preisgleitklauseln eher restriktiv gehandhabt werden. Bei großzügiger Anwendung von Preisgleitklauseln  würde man ansonsten durch die Hintertür Selbstkostenerstattungspreise vereinbaren. Zudem sind die Preisgleitklauseln möglichst präzise hinsichtlich der relevanten Bezugsgröße und des einzusetzenden Index zu definieren. Die Gewichtung der Indizes, zum Beispiel Personal-, Material- oder Energieindex, muss dabei der realen Kostenstruktur entsprechen.

Pflichten des Auftragnehmers bei Selbstkostenpreisen konkretisieren

Die möglichen Schwierigkeiten in Verbindung mit der Preisgleitklausel verdeutlichen, dass die Pflichten des Auftragnehmers einer weiteren Konkretisierung bedürfen. Dies betrifft vor allem die Genauigkeitsanforderungen an die Kalkulation, aber zuweilen auch mögliche zu vereinbarende Prüfungspflichten. Der Auftraggeber kann sich bei Selbstkostenpreisen mit dem privaten Auftragnehmer auf bestimmte Kalkulationsstrukturen verständigen. Dies empfiehlt sich vor allem für wertmäßig hohe Kostenpositionen, zum Beispiel Personalkosten bei wissensintensiven Dienstleistungen. Bei der Berechnung des Mitarbeiterstundensatzes gibt es eine Vielzahl offener Punkte59: der Umfang einzubeziehender Personalkosten, die Ermittlung der Beschäftigungsbasis und die Anzahl der zu unterscheidenden Mitarbeiterkategorien. Gerade für die Ermittlung von Zuschlagssätzen macht es Sinn, sich über deren Berechnungsgrundlagen zu verständigen. Zuweilen setzt eine verursachungsgerechte Kostenzuordnung auch die Bildung zusätzlicher Kostenstellen voraus, damit die vom öffentlichen Auftrag verbrauchten Ressourcen klar von den Kosten des Drittgeschäfts abgegrenzt werden können. Vorgaben zu den Kostenstrukturen können zwar eine Grundsatzprüfung beim Auftragnehmer nicht wirklich ersetzen, aber der Entstehung von Überzahlungen vorbeugen. Typischerweise prüft die Preisüberwachung im Rahmen der Grundsatzprüfung die Ordnungsmäßigkeit des gesamten Systems des betrieblichen Rechnungswesens60. Diese umfasst die Prüfung der Gemeinkosten, die verordnungskonforme Berechnung der Gemeinkostenzuschläge sowie die Prüfung der Kostenarten-, Kostenstellen- und Kostenträgerrechnung. Infolge der Überlastung der Preisüberwachungsstellen kann es für den Auftraggebers Sinn machen, ergänzend vertragliche Prüfungspflichten vorzusehen. Dem Auftraggeber wird dann – möglicherweise auch unter Einschaltung Dritter – das Recht der Prüfung der Kalkulationsstrukturen  eingeräumt. Die vertragliche Vereinbarung ist zum Beispiel bei ausländischen Auftragnehmern sinnvoll, bei denen hoheitlich die Prüfrechte nicht durchgesetzt werden können.

4. Fazit

Öffentliche Auftraggeber nutzen im Rahmen von Vergabeverfahren die VO PR 30/53 häufig nur rudimentär. Dabei lohnt es sich, das volle Potential des Preisrechts bei öffentlichen Aufträgen auszuschöpfen. Ein Bild von den Möglichkeiten kann man sich beim sogenannten Anlagenblatt K machen, das für Bundeswehraufträge zahlreiche Konkretisierungen zu Selbstkostenpreisen unter Einbeziehung auch der Unterauftragnehmer vornimmt61. Infolge der unzureichenden Prüfungskapazitäten der Preisüberwachungsstellen sollten Auftraggeber nicht allein auf die spätere Reparaturfunktion des Prüfberichts hoffen. Vielmehr ist es im Interesse der öffentlichen Hand, selber vorbeugend die VO PR 30/53 für das Ziel der Preisstandswahrung zu nutzen. Der Beitrag hat dazu zwölf verschiedene Ansatzpunkte aufgezeigt. Diese betreffen die grundlegende preisrechtliche Strategie und Organisation, die Gewinnermittlung und -begrenzung sowie die Kostenkalkulation. Alle drei Bausteine setzen ein fundiertes Verständnis der betriebswirtschaftlichen Logik der Selbstkostenpreise im öffentlichen Preisrecht voraus. Die damit mögliche konsequente Anwendung der Verordnung kann die öffentliche Verwaltung vor Auswüchsen, wie jüngst beim Geschäftsmodell Flüchtlingsunterbringung, schützen.

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Einzelnachweise

1: Eßig/Schaupp, Ermittlung des innovationsrelevanten Beschaffungsvolumens des öffentlichen Sektors als Grundlage für eine innovative öffentliche Beschaffung, Studie im Auftrag des BMWi, 2016, S. 7.

2: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, Preise und Preisprüfungen bei öffentlichen Aufträgen, 8. Aufl. (2010), Einführung Rdnrn. 7 ff.

3: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), Einleitung Rdnr. 4.

4: Dörr/Hoffjan, Die Bedeutung der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen, Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, 2015, S. 5.

5: Dörr/Hoffjan (o. Fußn. 4), S. 40.

6: Horstkotte/Hünemörder, LKV 2016, 14 (14).

7: Berstermann/Petersen, ZfBR 2007,767 (769).

8: Brüning, ZfBR 2012, 642 (642).

9: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), Einleitung Rdnr. 4.

10: Einzige Ausnahme: Bei einem Nachfragemonopol liegt gleichwohl ein Marktpreis vor, wenn es sich um eine marktgängige Leistung handelt und der Anbieter seinen Preis wiederholt unter Wettbewerbsbedingungen gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber durchgesetzt hat. BVerwG, 8 C 2.15, v. 13.04.2016.

11: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann, (o. Fußn. 2), § 4 Rdnr. 5.

12: Hoffjan/Hövelborn/Strickmann, ZoegU 2013, 3 (5 f.).

13: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), § 9 Rdnr. 50.

14: Müller, NZBau 2011, 720 (724).

15: Otto/Fonk,  CCZ 2012, 161 (165).

16: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), § 1 Rdnrn. 88 und 92.

17: Berstermann/Petersen (o. Fußn. 7), 767 (770).

18: Dörr/Hoffjan (o. Fußn. 4), S. 77.

19: Vgl. zu den unterschiedlichen Regelungszwecken auch Höfler, NZBau 2015, 736 (742).

20: Georgi, Die Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen im Einklang mit der VO PR 30/53 ─ Eine empirische Untersuchung mit besonderem Fokus auf Dienstleistungen, 2015, S. 150.

21: Georgi (o. Fußn. 20), S. 153.

22: Dörr/Hoffjan (o. Fußn. 4), S. 72.

23: OVG Lüneburg, 7 L 1276/00 v. 20.12.2000.

24: VGH München, 22 B 14.175 v. 26.1.2015.

25: Georgi (o. Fußn. 20), S. 152.

26: Dierkes/Hamann, Öffentliches Preisrecht in der Wasserwirtschaft, 2009, S. 196.

27: Hoffjan, ZKF 2017.

28: Birgel, Öffentliches Auftragswesen und Preisrecht, 1994, S. 131.

29: Roth, NZBau 2015, 209 (213).

30: Georgi (o. Fußn. 20), S. 52.

31: Georgi (o. Fußn. 20), S. 145.

32: Dörr/Hoffjan (o. Fußn. 4), S. 54.

33: Pauka/Chrobot,VergabeR 2011, 405 (411).

34: Roth (o. Fußn. 29), 209 (212).

35: Dierkes/Hamann (o. Fußn. 26),  S. 222.

36: § 7 Abs. 1 PreisVO.

37: Berstermann, in: Pünder/Schellenberg, Vergaberecht, 2. Aufl. (2015), § 8 Rdnr. 2.

38: Meitner/Westerheide, Problematik der kalkulatorischen Zinsen im Rahmen öffentlicher Aufträge, Gutachten im Auftrag des BMF, 2005, S. 6.

39: Gruneberg, Nordrheinwestfälische Verwaltungsblätter 2008,  341 (346).

40: Nr. 43 Abs. 3 LSP.

41: BAnz. 1972, Nr. 78 S. 1.

42: Deutsche Bundesbank , Abzinsungssätze gemäß § 253 Abs. 2 HGB (Abrufdatum: 01.03.2017).

43: Püstow/Meiners, NZBau 2016, 406 (411).

44: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), Rdnrn. 10 und 11 zu Nr. 52 LSP.

45: Noelle/Rogmans, Öffentliches Auftragswesen. Leitfaden für die Vergabe und Abwicklung von öffentlichen Aufträgen (GWB und VO PR 30/53), 3. Aufl. (2002), S. 214.

46: Rdnr. 11 zu Nr. 52 LSP.

47: Möllhoff, Das öffentliche Auftragswesen des Verteidigungsressorts im Spannungsfeld der Wirtschafts- und Finanzverfassung, 1985, S. 265.

48: Hoffjan, ZfK 2012, 11 (11).

49: Georgi (o. Fußn. 20), S. 143.

50: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), Rdnr. 29 zu Nr. 4 LSP.

51: Ebisch/Gottschalk/Hoffjan/Müller/Waldmann (o. Fußn. 2), Rdnr. 12 zu Nr. 43 LSP.

52: Abs. 4 Nr. 43 LSP.

53: Müller, Preisgestaltung bei öffentlichen Aufträgen – Preisbildung, Preisprüfung, Vertragliche Preisvereinbarungen, 1993, S. 115.

54: Dierkes/Hamann (o. Fußn. 26), S. 224.

55: Müller (o. Fußn. 53), S. 69.

56: Berstermann (o. Fußn. 37), § 9, Rdnr. 46.

57: Gabriel/Schulz, ZfBR 2007, 448 (451).

58: Dörr/Hoffjan (o. Fußn. 4), S. 129.

59: Georgi (o. Fußn. 20), S. 223 ff.

60: Michaelis/Rhösa, Preisbildung bei öffentlichen Aufträgen, Loseblattsammlung (Stand: Januar 2017), § 9 VO PR 30/53, S. 16 f.

61: Roth (o. Fußn. 29),  209 (212).

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